Zeitzer Sportgeschichte

Vor 100 Jahren am 13.11.1919 wurde einer der bekanntesten Zeitzer Fussballer der Vorkriegszeit in Zeitz/ Zangenberg geboren, Waldemar Gräbsch.

Seit 1935 spielte der gelernte Friseur im Nachwuchs bei der Spielvereinigung 1910 Zeitz. Zu seinen damaligen Mannschaftskollegen gehörte z. b. Fritz Gödicke oder Heinz Joerk. Mit 20 Jahren schaffte er den Sprung in die Männermannschaft und seine bisher erfolgreiche Fussball Karriere ging weiter. Er war wesentlicher Bestandteil am Aufstieg der Spielvereinigung 1910 Zeitz 1940 in die Gauliga Mitte.

Bei Fans und Gegner war er als gefährliche Tormaschine mit enormer Schusskraft bekannt. Im August 1940 bekam er bereits eine Einladung für das Fussball-Sportbereichsspiel Baden gegen Mitte. Dieses Spiel gewann Mitte mit 7:3, zweifacher Torschütze war Waldemar Gräbsch.
Zwei Tage vor dem wichtigen Gauligaspiel zwischen dem 1. SV Jenaer und dem SV Dessau 05 im September 1940 bekam der Zeitzer seinen Einberufungsbefehl, zufällig nach Jena. Nicht nur die „Rotjacken“ sondern auch andere Mannschaften der Gauliga Mitte waren darüber nicht glücklich. Die Jenaer Mannschaft gewann dieses Spiel mit 4:0, bester Spieler und Torschütze war wieder Waldemar Gräbsch. Nächster Höhepunkt war die Berufung zum Spiel der damaligen Dresdner Wehrmachts-Elf gegen die Pariser Soldatenmannschaft in mit 20.000 Zuschauern gefüllten Prinzenparkstadion in Paris. Beim 2:1 Erfolg der Dresdner Mannschaft erzielte Waldemar Gräbsch beide Tore.

Jena nahm in der Saison 1940/41 an der Endrunde der deutschen Meisterschaft teil und spielte gegen den Hamburger SV und VfB Königsberg. Leider konnte man nicht als Gruppensieger am weiteren Turnierverlauf teilnehmen, aber Waldemar Gräbsch konnte seine Torgefahr mit 4 Treffern in 4 Spielen erneut unter Beweis stellen.

Diese Torgefahr blieb auch dem damaligen Reichstrainer Sepp Herberger nicht verborgen. Er sah in ihm einen balltechnisch hochtalentierten Spieler. Herberger verschaffte Ihm die Möglichkeit an verschiedenen Lehrgängen an den Sportschulen Blankenburg, Wuppertal und Berlin teilzunehmen.

Für das Länderspiel Deutschland – Spanien am 12.04.1942 nahm er am Vorbereitungslehrgang teil. Zu mehr ist es aber nicht gekommen. 1944 wurde Waldemar Gräbsch dann an die Ostfront abkommandiert. Noch im gleichen Jahr wurde er wegen eines Kopfschusses in ein Sonderlazarett für Hirnverletzte in Wien eingeliefert. Anschließend wurde er ins Reservelazarett nach Schkeuditz verlegt und im Juli 1945 zu seiner Familie nach Zeitz entlassen. Er war rechtsseitig gelähmt. Trotz dieser Behinderung betreute er ab 1947 Jugendmannschaften bei der SG Rot-Weiß Zeitz. Spieler wie z. B. Werner Weitze, Peter Kohl, Klaus Landmann, Gerd Bänisch, Heinz Zeyher oder Roland Seifert gehörten später zu seinen Schützlingen.

Bis zu seiner Invalidisierung 1977 arbeitete er im Einlassdienst des VEB Hydrierwerk Zeitz als Pförtner.

Nach langer Krankheit verstarb Waldemar Gräbsch am 21.12.1984.

In Memoriam: Waldemar Gräbsch
Manfred Kaiser (07.01.1929 in Zeitz – 15.02.2017), der ehemalige DDR-Nationalspieler, erinnerte sich 1958 so: „Unser großes Idol, als wir Jungen in Zeitz den ersten Fußbällen nachjagten, war Waldemar Gräbsch, ein hoffnungsvolles Talent des deutschen Fußballsports. Er wechselte später zum 1. SV Jena und wie stolz waren wir in Zeitz auf den jungen Mittelstürmer, als er die Einladung zum Vorbereitungslehrgang der Nationalelf erhielt. Aber es kam nicht mehr dazu, dass er den Auswahldress für ein Länderspiel überstreifen durfte. Er kam an die Front! Und eines Tages brachte man ihn wieder zurück nach Zeitz: ganzseitig gelähmt und stotternd – ein menschliches Wrack. Er war lange verschüttet gewesen. Der deutsche Fußball hatte mit ihm ein weiteres seiner befähigtsten Talente verloren.“

Bericht von Oliver Tille (Zeitzer Fußballmuseum)

 

Ein Kommentar für “Zeitzer Sportgeschichte

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert